Borreliose beim Pferd – Zeckenbiss mit Folgen

Borreliose wird von Zecken übertragen. Die Symptome sind beim Pferd unspezifisch, weshalb die Diagnose oft schwierig ist. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika.
© Silke Hamann

Ob es Borreliose beim Pferd gibt, wurde lange Zeit kontrovers diskutiert, da es nur wenig wissenschaftliche Erkenntnisse über diese von Bakterien ausgelöste Krankheit gibt. Mittlerweile gilt ihre Existenz beim Pferd als gesichert, aber der Nachweis einer Borreliose ist bei Pferden dennoch komplex. Die Erreger werden durch Zecken übertragen, umgehen geschickt das Immunsystem und können sich sogar der Behandlung mit Antibiotika widersetzen.

Borreliose – was bedeutet das genau?

Bei der Borreliose handelt es sich um eine Infektion mit den schraubenförmigen Bakterien der Art Borrelia burgdorferi, die sowohl beim Menschen als auch bei Haussäugetieren wie Pferd und Hund auftritt.

Nach aktuellen Erkenntnissen sind in Deutschland 36 Prozent aller Pferde seropositiv. Das heisst, sie hatten bereits Kontakt mit Borreliose-Erregern – doch nur in seltenen Fällen kommt es auch zu einer Erkrankung.

Übertragung der Borreliose

Die Borreliose-Erreger werden durch blutsaugende Insekten, vor allem durch Zecken übertragen. Eine Übertragung durch Pferdebremsen ist ebenfalls möglich, kommt jedoch deutlich seltener vor als eine Übertragung durch Zecken.

Zecken als Überträger

Die Zecke selbst nimmt die Bakterien auf, indem sie Blut von einem bereits infizierten Tier saugt (Wildtiere gelten als Reservoirwirte für die Borrelien) und von diesem Zeitpunkt an leben die Erreger im Darm der Zecke.

Kommt es zum Zeckenbiss beim Pferd, werden die Borrelien nicht sofort übertragen, erst nach circa 24 Stunden werden sie an das Pferd abgegeben. Daher ist eine frühzeitige Entfernung von Zecken immer sinnvoll, um einer möglichen Infektion mit Borreliose vorzubeugen.

Allerdings sollte beim Entfernen darauf geachtet werden, dass die Zecke nicht an ihrem Körper gegriffen wird – sonst kann es passieren, dass sie erbricht und sich die Bakterien in die Bissstelle ergiessen. Ausserdem sollte möglichst die ganze Zecke samt ihres Kopfes entfernt werden. Denn bleibt der Kopf stecken, kann es zu einer Entzündung der Bissstelle kommen.

Ist Borreliose beim Pferd ansteckend?

Borreliose beim Pferd ist nicht ansteckend. Andere Pferde können nicht durch direkten Kontakt infiziert werden. Dies gilt auch für den Menschen. Es kommt nur zu einer Infektion mit Borreliose-Erregern, wenn durch einen Zeckenbiss Borrelien von der Zecke in das Blut des Pferdes gelangen.

Ausbreitung der Erreger im Körper

Die Bakterien vermehren sich im Pferd zunächst nur langsam, daher reagiert das Immunsystem des Pferdes anfangs nur träge auf die Infektion. Die Erreger können sich somit relativ ungehindert im Körper ausbreiten und in verschiedene Gewebe eindringen. Das Immunsystem wird praktisch „ausgetrickst“.

Die Borrelien siedeln sich bevorzugt im Herzmuskel- und Nervengewebe und in den Gelenken eines Pferdes an.

Bei Pferden mit einem starken Immunsystem kann es allerdings auch sein, dass die Borreliose-Bakterien gleich zu Beginn der Infektion vollständig eliminiert werden. Ein Pferd, das mit Borrelien infiziert wurde, erkrankt also nicht zwangsläufig an Borreliose.

Wie äussert sich Borreliose beim Pferd?

Die Symptome einer Borreliose beim Pferd sind sehr vielfältig und variieren je nach Stadium der Erkrankung. Dass es keine eindeutigen Anzeichen einer Borreliose beim Pferd gibt, ist einer der Gründe, weshalb diese Krankheit nicht leicht zu erkennen ist.

Es gibt bei einer Borrelioseinfektion drei unterschiedliche Stadien, die mit entsprechenden Symptomen einhergehen:

  1. Infektion
  2. akute Phase
  3. chronische Borreliose

Im Folgenden stellen wir Ihnen die drei Stadien der Borreliose beim Pferd genauer vor.

Erstes Stadium: Infektion

An der Stelle des Zeckenbisses kommt es infolge der Infektion mit Borreliose-Erregern beim betroffenen Pferd zu einer lokalen Entzündung mit einer deutlichen Hautrötung (sogenannte „Wanderröte“).

Wegen ihres Fells und der dunklen Hautpigmentierung ist die Rötung bei Pferden meist nicht zu sehen und die Infektion bleibt fast immer unerkannt.

Zweites Stadium: akute Phase

Die Bakterien verteilen sich im Organismus des Pferdes und es kommt zu unspezifischen Allgemeinsymptomen. Dazu gehören:

  • Fieber
  • Fressunlust bis hin zu Abmagerung
  • Abgeschlagenheit
  • Muskelverspannungen
  • Lahmheiten
  • entzündliche Hautveränderungen
  • Augenentzündungen
  • Kolik und kolikähnliche Symptome
  • Organerkrankungen

Diese akute Phase wird bei Pferden nur selten auf eine Borrelioseinfektion zurückgeführt, da die Symptome so stark variieren. In diesem Stadium wird die Krankheit beim Pferd deshalb nur selten erkannt.

Drittes Stadium: chronische Borreliose

Bleibt die akute Phase unbehandelt, entwickelt sich eine chronische Borreliose. Dies ist das Stadium, in dem die meisten Borreliosefälle beim Pferd diagnostiziert werden.

Häufig ist der Grund für eine Vorstellung beim Tierarzt, dass das Pferd neurologische Symptome zeigt. Solche Anzeichen können Ataxien, Headshaking und Verhaltensauffälligkeiten wie plötzliche Aggressivität, Kopfschiefhaltung oder Rennen im Kreis sein.

Die Borrelien nisten sich im Körper des Pferdes in verschiedenen Geweben ein und können schubweise zu klinischen Symptomen in den betroffenen Organen führen. Dazu zählen:

  • Herzmuskelstörungen
  • wiederkehrende, wechselnde Lahmheiten
  • Hufrehe an allen vier Hufen
  • gesteigerte Anfälligkeit für Infekte
  • neurologische Symptome

Diagnostik bei Borreliose

Die Diagnose der Borreliose beim Pferd ist nicht leicht zu stellen und erfordert verschiedene Tests. Die Bestimmung besonderer Blutwerte spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Ist das Blutbild des Pferdes verändert, kann eine Borreliose vorliegen – die Diagnose muss jedoch durch weitere Untersuchungen abgesichert werden.

Nachweis im Blut

Zu Beginn der Diagnosefindung wird das Blut des Pferdes auf Antikörper gegen die Borreliose-Erreger untersucht. Allerdings bedeutet ein positives Ergebnis keinesfalls, dass eine akute Infektion beziehungsweise Erkrankung vorliegt. Es belegt nur, dass das Pferd in seinem Leben bereits Kontakt mit Borrelien hatte und dagegen Antikörper gebildet hat.

Daher muss das Testergebnis immer in Kombination mit den beobachteten Anzeichen interpretiert werden und es müssen weitere Tests folgen. Nach drei bis vier Wochen sollte der sogenannte Antikörpertiter erneut bestimmt werden – ist er im Vergleich zum ersten Titer erhöht, liegt ein Hinweis auf eine Infektion in der akuten Phase vor.

Zusätzlich sollte die Blutprobe mittels eines sogenannten Western Blots auf borrelienspezifische Proteine gescannt werden.

Nachweis der Bakterien im Gewebe

Ein letzter Schritt, um die Diagnose einer Borreliose zu stellen, ist die Anzucht der Bakterien aus einer Gewebeprobe. Hierzu wird beispielsweise eine Hautstanzprobe oder etwas Gelenkflüssigkeit entnommen und für eine Bakterienkultur verwendet.

Eine andere Möglichkeit, um die Bakterien auf direktem Wege nachzuweisen, ist die PCR (Polymerase Chain Reaction). Hierbei wird die DNA der Borrelien in der Zecke nachgewiesen. Da ein Zeckenbiss beim Pferd allerdings oft nicht bemerkt und somit die Zecke auch nicht gefunden wird, kommt dieser Test in der Praxis nur selten zur Anwendung.

Kosten für Diagnose nicht unerheblich

Die Kosten für diese zahlreichen Tests sind nicht gering, zumal sie von spezialisierten Labors durchgeführt werden müssen. Alle Untersuchungen, die Probenentnahme und die Interpretation der Ergebnisse müssen vom Tierarzt durchgeführt werden, dabei entstehen ebenfalls Kosten.

Seit 2013 existiert ausserdem ein Test mit Namen „SpiroFindVet“. Dieser Test ermöglicht es, die Erkrankung in jedem Stadium nachzuweisen. Zudem kann durch den „SpiroFindVet“ mit nur einem einzigen Test Borreliose nachgewiesen werden, sprich es müssen nicht wie sonst üblich mehrere Verfahren durchgeführt werden.

Borna-Borreliose: Borreliose und Borna-Viren

Sehr häufig sind Pferde nicht nur mit Borreliose-Bakterien, sondern gleichzeitig auch mit Borna-Viren infiziert. Beide Erreger verursachen ähnliche Symptome und können sich vermutlich auch gegenseitig triggern.

Über das genaue Zusammenspiel der beiden Krankheitserreger ist noch wenig bekannt. Dies ist ein weiterer Punkt, der das Erkennen der Borreliose erschwert.

Therapie der Borreliose beim Pferd schwierig

Die Behandlung der Borreliose gestaltet sich fast genauso schwierig wie deren Diagnose. Eine Borreliose-Therapie ist immer langwierig und muss sehr konsequent durchgeführt werden.

Trotzdem gibt es keine Garantie, dass die Behandlung erfolgreich ist und eine vollständige Heilung des Pferdes erreicht wird. Im schlimmsten Fall kann eine Borreliose auch tödlich enden.

Borreliose beim Pferd mit Antibiotika behandeln

Zur Behandlung der Krankheit muss das Pferd über mehrere Wochen vom Tierarzt mit Antibiotika therapiert werden. Dabei ist es von grosser Bedeutung, welches Antibiotikum bei Borreliose eingesetzt wird.

Da es sich um eine systemische Infektion handelt (das heisst, dass der ganze Organismus betroffen ist), müssen Antibiotika verwendet werden, die in das betroffene Gewebe vordringen. Hierzu gehören:

  • Tetrazykline (zum Beispiel der Wirkstoff Doxycyclin)
  • Cephalosporine (zum Beispiel der Wirkstoff Cefotaxim)

Im Zuge der Behandlung ist es sehr wichtig, dass das Antibiotikum hoch genug dosiert wird, um seine volle Wirksamkeit zu erreichen und dass die Behandlungsdauer lang genug ist.

Borreliose beim Pferd homöopathisch behandeln

Durch die antibiotische Therapie wird der Körper stark belastet, vor allem der Magen-Darm-Trakt der Pferde reagiert oft empfindlich. Durch das Absterben der Bakterien werden zudem Toxine (Gifte) frei, die dem Pferd schaden.

Durch Homöopathie können der Körper des Pferdes unterstützt und die negativen Auswirkungen der Infektion und Behandlung reduziert werden.

Folgende pflanzliche und metallische Mittel kommen in der homöopathischen Therapie von Borreliose beim Pferd zum Einsatz:

  • Goldrutenkraut
  • Propolis
  • Spirulinaalgen
  • Knoblauch
  • Wilde Karde
  • kolloidales Silber

Diese Stoffe haben eine antibakterielle Wirkung und unterstützen das Immunsystem und eine gesunde Organfunktion.

Schwierigkeiten bei der Behandlung

Bei der Behandlung von Borreliose gibt es eine besondere Schwierigkeit. Die Bakterien bilden in den Geweben des Pferdes „Ruhestadien“, die von den Antibiotika nicht abgetötet werden können. Das Antibiotikum erreicht lediglich die aktiven Stadien der Borrelien.

Daher kann es sein, dass trotz einer Behandlung noch Borrelien im Körper zurückbleiben und zu einem späteren Zeitpunkt zu einem erneuten Ausbruch der Krankheit führen. Es kann also zu wiederkehrenden Krankheitsschüben kommen.

In diesem Fall muss die Therapie wiederholt werden. Auch nach einer Behandlung kann es noch zu Spätfolgen kommen und eine Erregerfreiheit des Pferdes wird möglicherweise nie erreicht.

Borreliose durch Impfung vorbeugen

Lange Zeit bestand die einzige Möglichkeit der Vorbeugung von Borreliose darin, die Zecken vom Pferd zu entfernen, bevor die Bakterien übertragen werden konnten. Seit 2015 gibt es nun auch die Möglichkeit, Pferde gegen Borreliose zu impfen.

Bei dieser Impfung kommt ein Impfstoff zum Einsatz, der bestimmte Oberflächenproteine der Borrelienhülle angreift und diese somit zerstört. Die Besonderheit der Impfung liegt darin, dass sie ihre Wirkung bereits in der Zecke entfaltet. Die Bakterien werden also abgetötet, bevor sie überhaupt in das Pferd gelangen können. Die Impfung sollte einmal jährlich aufgefrischt werden.

Entdeckung und Geschichte der Borreliose

Nach dem Ort ihrer Entdeckung „Old Lyme“ in den USA wird die Erkrankung häufig auch als „Lyme-Borreliose“ bezeichnet.

Lange Zeit wurde die Borreliose verkannt und mit anderen Krankheiten verwechselt, erst Anfang der 80er Jahre wurde sie schliesslich beim Menschen entdeckt. Gegen Ende der 80er Jahre folgte die Beschreibung von Fällen bei Pferden und Hunden. In den rund 30 Jahren seit ihrer Entdeckung wurde und wird noch heute intensiv über die Borreliose geforscht.

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Stand der Forschung

Trotz der bisherigen Forschung ist der Wissensstand im Vergleich zu anderen Krankheiten selbst in der Humanmedizin gering und in der Veterinärmedizin noch deutlich geringer. Das unspezifische Krankheitsbild und der komplexe Entwicklungszyklus der Borrelien erschweren die Untersuchungen. Lange Zeit wurde sogar diskutiert, ob die Borreliose beim Pferd überhaupt existiere – heute gilt die Existenz als erwiesen.

- Autor: Pia Fraté

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